Tipp 16 - Wartburg 311/312 Lüfter von 6V auf 12V umbauen

Diese Tipps erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Richtigkeit!
Apr
23
2007

Hier möchte ich einen speziellen Wartburg 311/ 312 Tipp geben:
Was tun, wenn man sein Auto "schonend" von 6V auf 12V umrüsten möchte, und nun ratlos vor dem Lüfter steht?
Der originale Lüfter ist recht stromhungrig. Bei 6V zieht er zwischen 2,5 und 3 A. Ein direktanschluß an 12V sollte man also tunlichst vermeiden, nicht nur, weil der Lüfter einen Orkan entfesselt, sondern, weil er nach kurzer Zeit vermutlich kaputt sein wird.
Nun könnte man einen Spannungsteiler in Form von Widerständen davor setzen. Die Widerstände (1 bis 2 Ohm) müssen jedoch mindestens 18W Leistung aushalten. Das ergibt dann eine nette kleine elektrische Zusatzheizung, die "nur noch" irgendwo eingebaut werden muß.
Alternativ könnte man auch eine 6V/ 21W Lampe in Reihe vor den Lüftermotor schalten, die neben Wärme auch noch Licht abgibt.
Natürlich könnte man auch einen tyristorgesteuerten Drehzahlregler einbauen, den man entsprechend begerenzt. Aber auch so ein Ding erfordert ein Zusatzkästchen, daß irgendwo versteckt werden muß.
Daher schlage ich hier eine Variante vor, die innerhalb von wenigen Stunden realisiert ist und vollständig auf Wartburg Teilen basiert.

Ich fahre meinen 40 Jahre alten Wartburg seit 2 Jahren mit 12V Bordnetz. Den Lüfter habe ich bisher nicht verwenden können, er drehte ohnehin nicht mehr. Ich dachte immer an einen größeren Schaden, hatte aber bis dahin keine Ahnung, aus welchen Einzelteilen er besteht (siehe Bild). Abgesehen von abgeplatzem Lack ist der Zustand innen und außen fast wie neu, wenn man das nach 40 Jahren behaupten kann. Das er sich nicht mehr drehen wollte, lag ganz einfach daran, daß die Lager des Motors völlig ausgetrocknet waren. Ein paar Tropfen Öl vorn und hinten drauf und schon saust der Motor wieder. Allerhand Luft, die das blecherne Lüfterrad so schaufelt! Aber ein Energiewunder ist das kleine Motörchen auch: bis 3A habe ich bei 5V (umgebautes PC-Netzteil) gemessen!
Hier also die Einzelteile des Lüfters. Das gesamte Gehäuse wird mit einer nicht eben leicht zu erreichenden Schraube auf dem Heizungstauschergehäuse rückseitig gehalten.

Eine Messing-Madenschraube arretiert das Lüfterrad auf der Welle. Man sollte den Propeller sehr vorsichtig abnehmen und jedes Verbiegen vermeiden, um keine Unwucht zu erzeugen.

Die Schutzkappe läßt sich leicht abnehmen. Der gebörtelte Rand steckt im Ringgummi.

Ein spezieller Ringgummi mit verschiedenen Lippen hält den Lüftermotor geräuscharm fest. Nach 40 Jahren ist er in einem erfreulich gutem Zustand, während im Grunde alle anderen Gummis an meinem Wartburg alle morsch sind/ waren.

Diese Kappe sitzt im Inneren des Gehäuses. Nachdem das Schaufelrad abgenommen ist, kann man hier den Motor abschrauben und die Kappe aus dem Ringgummi ziehen.

Nach 40 Jahren befindet sich das Lüftergehäuse eigentlich in einem ausgezeichneten Zustand: Schmutz und abgeplatzter Lack. Von wirklichem Rost ist keine Rede.

Der originale, sehr gut erhaltene 6V-Motor. Ich hebe ihn gut auf, man weiß ja nie, wofür er noch einmal gebraucht wird!

Das vordere Gleitlager war so trocken, daß der Motor sich nicht mehr drehen wollte. Zum Glück ist nichts verschmort oder verrostet. Ein paar Tropfen Öl brachten ihm seine Jugend zurück.

Andauernd liest und hört man vom Sandstrahlen. Alle lassen erst einmal gründlich und "schonend" mit irgend welchen Strahlmitteln ihre wertvollen Teile blank - äh stumpf - putzen. Fürchterlich. Im Originalzustand weißt das Blech keine Oberflächenstruktur Körnung 100 auf. Warum sollte ich bei einer Restauration als erster also genau für eine solche Struktur sorgen? Um in 40 Jahren bei der nächsten Restauration mich daran zu erfreuen? Wenn man das bei der Instandsetzung von allerlei Altertümern machen würde.... Ich habe den Lack chemisch entfernen lassen.

Wenn man sich in die POR15-Materie eingelesen hat, muß man diesen Lack für ein Wundermittel halten. Ich probiere das aus! Daher habe ich streng nach Verarbeitungsvorschrift des POR15 mein Lüftergehäuse behandelt. Leider habe ich in der Garage weder Strom noch Spritzpistole. Ich arbeite also noch mit Pinsel, wie früher. POR15 läßt sich auch mit Pinsel gut verarbeiten, hat eine hohe Deckkraft. Der Lack, den ich verwende ist seidenmatt. Damit POR15 seine Fähigkeiten voll entfalten kann, muß er direkt auf das gründlich gereinigte Blech aufgetragen werden. Weitere Schichtaufbauten sind unnötig.

Für wenig Geld beschaffte ich mir einen Lüftermotor vom Wartburg 353 (Porto war teurer). Dieser Motor ist für 12V ausgelegt, sehr kompakt und verbraucht im Vergleich zum alten Modell wenig Strom. Weniger als 500mA!!
Ein Lob auf die Standards der DDR. Die zeitliche Differenz der Herstellung zwischen beiden Motoren beträgt 20 Jahre. Gehäuseabmessungen, Drehrichtung, Leistung, Drehzahl, Wellendurchmesser, Befestigungsschrauben - das alles paßt auf Anhieb perfekt! Es muß kaum etwas verändert werden.

Das 353'er Lüfterrad muß abgenommen werden. Dazu muß man nahe der Welle das Plastikmaterial etwas aufpulen, um den Arrettierungsstift herausziehen zu können. Anschließend läßt sich das Plasterad leicht abziehen. Das Lüfterrad wandert in die Ersatzteilsammlung.

Hier im Bild ein vergleich zwischen den beiden Motoren und deren Haltebleche. Ein Lob an die Entwickler, die so umsichtig waren, bestehende Konstruktionsmaße, wo es geht, weiterzuverwenden.

Die alte Befestigung ist völlig identisch zur Befestigung des neueren Motors.

Inzwischen ist der POR15 Lack fest geworden und tatsächlich erstaunlich kratzfest. Der Gummiring sitzt schon an seiner Stelle.

Ja, ich weiß, mit einer Spritzpistole wäre die Oberfläche noch schöner geworden. Aber Pinselstriche sieht man im Lack nicht!

In das Gummi setzt man nun die Motorhalterung ein.

An passender Stelle wird die Welle etwas angesenkt, wie bei dem anderen Motor auch, damit später das Lüfterrad sicher festgeschraubt werden kann. Man sollte einen Zentrierbohrer in der Ständerbohrmaschine verwenden. Alles andere wird sonst Zufall.
Anschließend wird die Welle um etwa 8mm gekürzt. Vorher aber genau Maßnehmen, also alles testweise zusammenbauen und kontrollieren.

Die Welle des 12V Lüftermotors ist etwas länger, als die des alten Motors. Dennoch ist das Motorengehäuse deutlich kürzer. Man muß den Austauschmotor über entsprechende Distanzhülsen befestigen. Auf Anschlag festschrauben geht leider nicht, da das vordere Lagerschild sonst zu weit in den Lüfterraum ragen würde.

Probesitzen des Austauschmotors der auf 4 ca. 10mm langen Distanzhülsen sitzt. Es bleibt noch genügend Platz, um ohne Probleme Kabelschuhe auf die Anschlußfahnen zu bekommen.

Hier beim Probebetrieb ist die überstehende Welle noch nicht gekürzt.
Wichtig ist, daß man sorgfältig jedes einzelne Flügelchen des Lüfterrades kontrolliert und nachjustiert. Hat auch nur ein einziges Höhenschlag, läuft der Ventilator derart unrund und vibriert, daß man den Vergleich zu einem Massagegerät nicht scheuen muß.

Wenn alles korrekt eingebaut ist, darf kein einziges Teil über den Rand des Lüftertopfes hinausstehen. Theoretisch geht der mittlere Bereich um die Welle herum (Madenschraube) noch an dem halbrunden Ausschnitt des Heizungstauschergehäuses vorbei, jedoch kämen sich die Welle und die Klappe im Heizungstauschergehäuse ins Gehege, wenn man innen den Luftstrom regulieren will.

Fertig eingebaut und abgedichteter Motor.

Neuer Durchführungsgummi, sowie entsprechend der alten Vorlage angefertigte Anschlußkabel.

Innenansicht.

Als Dichtungsmaterial für den Gehäuserand (damit es nicht scheuert und klappert) verwende ich ein Material, daß man oft als Verpackungsflies an elektrischen Geräten findet. Eine Art weicher PUR-Schaum, weich, dünn, flexibel.

Auf weiteren Luxus, wie umschaltbare oder gar regelbare Lüfterdrehzahl habe ich bewußt verzichtet. Dieser Umbau kann mit wenigen Handgriffen rückgängig gemacht werden. Es entsteht ein ordentlich kräftiger Luftstrom. Mal sehen, was davon im Wageninneren ankommt...